© Karin Rocholl
Rechnitz
(Der Würgeengel)
variabel, mindestens 5 Darsteller:innen
Auf einer Party greift man zu fortgeschrittener Stunde zum Gewehr und ermordet aus einer Laune heraus knapp 200 Menschen. Ist etwas derartiges vorstellbar? Kaum, außer als Horrorvision. Dennoch haben Recherchen ergeben, dass es wohl genau so passiert ist. In der Nacht zum 25. März 1945 feiert Gräfin Margit von Batthyány, eine Thyssen-Enkelin, auf ihrem Schloss in Rechnitz an der österreichisch-ungarischen Grenze ein Fest mit SS-Offizieren, Gestapo-Führern und einheimischen Nazi-Kollaborateuren. Gegen Mitternacht werden an die 200 jüdische Zwangsarbeiter zusammengetrieben und von einer Schar Angetrunkener erschossen. Die Täter fliehen kurz darauf ins Ausland, Schloss Rechnitz geht in Flammen auf, die Russen marschieren ein. Nach dem Krieg verschwinden Zeugen des Massakers, Strafverfahren enden im Nichts. Die 200 Leichen hat man bis heute nicht entdeckt – aber wollte man das überhaupt?
Elfriede Jelinek macht sich auf Spurensuche, aber nicht als Historikerin: Auf der Folie von Luis Buñuels Der Würgeengel drängen in Rechnitz Boten in einen Raum, den keiner mehr verlassen wird. Sie berichten, in Wiederholungen, Variationen und Widersprüchen, von der grausamen Tat, versuchen, das Unsagbare in Worte zu fassen, umkreisen das Ungeheuerliche, ohne sein Zentrum zu erreichen. Ein dichtes, übereinander geschichtetes Bild der Ereignisse entsteht, verharrend in seiner Unschärfe, die um so bohrendere Fragen provoziert.
28.11.2008 Münchner Kammerspiele (Regie: Jossi Wieler)
Weitere Erstaufführungen
Finnische Erstaufführung: 07.04.2015 Jalostamo Collective /Kiasma Teatteri, Helsinki (Übersetzung: Jukka-Pekka Pajunen, Regie: Hilkka-Liisa Iivanainen)
Slowakische Erstaufführung: 08.06.13, Slovak National Theatre, Bratislava (Übersetzung: Peter Lomnický, Regie: David Jařab)
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Die Aufführungsrechte für Amateur- und Schultheater stehen leider nicht zur Verfügung.
Elfriede Jelinek
Rechnitz (Der Würgeengel)