«Subversiver Genre-Spaß» – «Die Reise nach Kallisto» von Michel Decar uraufgeführt

Am 04.07.2021 wurde Michel Decars neues Stück Die Reise nach Kallisto am Schauspiel Frankfurt uraufgeführt (Regie: Robert Gerloff).

Michel Decar
© Constantin Rieß

«Eine Screwball-Komödie über den Sinn des Lebens. Verhandelt wird dieser Sinn in einem Raumschiff aus der Zukunft … Ein sensationell komponierter Abend … Das Groteske, das Skurrile in so kleinen Bildern immer wieder einzufangen, das ist schon wirklich große Kunst. Sehr gute und philosophische Unterhaltung.» (Deutschlandfunk Kultur)

«In Die Reise nach Kallisto geht es um alles irgendwie ein bisschen, um Liebe, Fortschritt, engagierte Literatur, Bratkartoffeln. In 66 kurzen Szenen unterhalten sich sechs russische Besatzungsmitglieder eines Raumschiffs auf ihrer Reise zum Mond Kallisto über die großen und kleinen Dinge des Lebens. In die Tiefe geht das ja nicht, denkt man sich zunächst beim Lesen, aber Regisseur Robert Gerloff zeigt mit seinem kleinen feinen Theaterabend, dass Dialoge nicht immer lang sein müssen, um einen Punkt zu treffen.» (Nachtkritik)

«Höchst unterhaltsam ist die originelle Mischung, mit der Decar melancholisches, leicht antiquiertes Tschechow-Geplauder entspannt mit Zukunftsthemen, der Wassersuche auf dem Jupitermond Kallisto, Lebenssinn und Liebesreigen mixt und dabei die russisch-amerikanische Weltraum-Konkurrenz ins 22. Jahrhundert fortsetzt … Was für ein hintergründiger, subversiver Genre-Spaß.» (Frankfurter Neue Presse)

Michel Decar

Michel Decar

Michel Decar, 1987 in Augsburg geboren, studierte Germanistik und Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo er auch auf der Studiobühne seine ersten Stücke selbst inszenierte, und anschließend Szenisches Schreiben an der Universität der Künste Berlin.
Seither arbeitet er als Autor, Regisseur und Filmemacher.

Zusammen mit Jakob Nolte hat er Theaterstücke auch unter dem Namen Nolte Decar geschrieben, von denen er Das Tierreich – wie viele seiner eigenen Stücke – außerdem als Hörspiel inszeniert hat.
2020 produzierte Deutschlandradio/Deutschlandfunk Kultur zudem sein Originalhörspiel Die besten Sprüche aller Zeiten.

Prosawerke: Tausend deutsche Diskotheken (Roman, 2018, Ullstein Verlag), Die Kobra von Kreuzberg (Roman, 2021, Ullstein Verlag), Kapitulation (Roman, 2023, MÄRZ Verlag)

Filme: Europa zum Beispiel (Kurzfilm, 2020), im Wettbewerb des Filmfestivals Max Ophüls Preis

Preise und Auszeichnungen:

  • 2012 Förderpreis für neue Dramatik des Stückemarktes im Rahmen des Berliner Theatertreffens für Jonas Jagow
  • 2013 Brüder-Grimm-Preis des Landes Berlin für Das Tierreich (Nolte Decar)
  • 2014 Kleist-Förderpreis für sein Stück Jenny Jannowitz
  • 2014 Nominierung für den Autorenpreis des Heidelberger Stückemarkts für Das Tierreich (Nolte Decar)
  • 2017 Hörspiel des Monats (Januar) für Schere Faust Papier
  • 2019 Bayern2-Wortspiele-Preis für Tausend deutsche Diskotheken

Die Reise nach Kallisto

Zu Beginn des 22. Jahrhunderts wird eine russische Crew aus Kernphysikerinnen und Astrobiologen, Ingenieurinnen und Piloten auf ihrer Expedition zum Jupitermond Kallisto mitten im Weltall auf sich selbst zurückgeworfen. In den Gängen und Kabinen, dem Labor und der Küche des Raumschiffs Zimodorok I kreisen die Gespräche um Alltagsdinge wie die perfekte Nudelsuppe, Querelen mit dem Finanzamt oder welchen Film man abends gemeinsam schaut. Doch zugleich geht es stets um die großen existenziellen Fragen, um Sehnsüchte und Ängste, um Liebe und Tod. Über Tage, Monate, Jahre in einem Kosmos treibend, der zur Unordnung strebt, durchleben Michel Decars Figuren ihr eigenes Gefühlschaos und sehen sich konfrontiert mit der so befreienden wie unerträglichen Sinnlosigkeit des Seins, während man von irgendwoher immer wieder ein leises Knirschen hört.

In einer kaleidoskopischen Folge von 66 Momentaufnahmen beamt Michel Decar das bürgerliche Drama um 1900 zweihundert Jahre in die Zukunft, um punktgenau in unserer Jetztzeit zu landen. Gerade durch die Distanz und die Reibung grundverschiedener Genres zeigt er den Menschen liebevoll und mit subversivem Humor in seiner ganzen Lächerlichkeit und Tragik – so fundamental sich die äußeren Bedingungen auch verändert haben.

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