Die Kopien

Die Kopien

(A Number)

Deutsch von Falk Richter

Besetzung

2H

Schöne neue Horrorwelt: Die Wunschvorstellungen der Biogenetik sind Realität geworden, und so kann es passieren, dass man auf der Straße unverhofft sich selbst begegnet – seinem Klon mit vollkommen identischem Genmaterial. So ergeht es Bernhard 2, der erfährt, dass sein Vater, Salter, ihn aus dem Zellmaterial eines ersten biologisch gezeugten Sohns hat herstellen lassen. Als Bernhard 2 Salter mit dieser Entdeckung konfrontiert, offenbart sich ein Netz aus Lügen, Schuld, Traumata und missglückten Neuanfängen. Obendrein existieren neben dem Original noch weitere Bernhards – eine 20iger-Serie, die das Krankenhaus illegal produziert hat. Der ursprüngliche Bernhard, von Leben und Sucht gezeichnet, fühlt sich um seine Einmaligkeit betrogen und handelt schließlich.
Die Kopien, das beginnt wie ein kammerspielartiges Familiendrama und sich zu einem Thriller entwickelt, stellt die Frage nach den Grundlagen unserer Existenz. Welche Parameter bestimmen unsere Persönlichkeit: Vererbung oder Erziehung? Was macht die Einzigartigkeit eines Menschen aus? Wenn ein Kind oder ein Partner sich nicht wie gewünscht entwickelt hat, tauscht man ihn dann aus und ersetzt ihn durch die Betaversion – wird das Individuum zum Prototypen, den es zu verbessern gilt? Und wie geht man mit defekten Klonen um, mit Mängelexemplaren?
«Vater und Sohn umkreisen das Thema anfangs wie ein großes, dunkles Geheimnis: voller Andeutungen und rhetorischer Ausweichmanöver ... Churchill tut einfach so, als ob Klonen geht, juristische und ethische Fragen sind ausgeklammert und schwingen doch mit, wenn es um die zentrale Problematik geht: Was ist machbar und was machen die Möglichkeiten des Genlabors mit uns Menschen: Brudermörder, Selbstzerstörer, Mitläufer ohne Eigenschaften? ... Mehrfach wird sich Bernard im Laufe des Abends in eine andere Kopie verwandeln, wird das Original-Material und sein genetisches Abziehbild sein, wird als unreflektiert-fröhlicher Jedermann die Genschlacht überleben ... Man erliegt diesem besonderen Sound aus Andeutung und Unterbrechung, aus Wissen und Nichtsagen, der die Sätze wie Kettenglieder ineinander greifen lässt, bis die Bruchstück-Dialoge irgendwann ein nachdenkliches Ganzes ergeben.» (Der Westen)
«Die Dialoge zwischen Salter und den Söhnen bestehen fast durchweg aus kurzen, abgerissenen, nicht zu Ende gesprochenen Sätzen, Bemerkungen, Fragen. Caryl Churchill eifert nicht und klagt nicht an. Sie stellt fest. Leben verliert jeden Sinn und jeden Anspruch, wenn es beliebig wird, den Tod ausschaltet durch immerwährende Wiederholung. Die Welt wird leer, indem sie sich füllt mit perfekten Nachahmungen; Individualität stirbt, nicht auf einmal, aber unaufhaltsam.» (Neue Zürcher Zeitung)
«Theatralisch sehr cool.» (Deutschlandfunk)

Uraufführung
23.09.2002 Royal Court Theatre, London (Regie: Stephen Daldry)

Deutschsprachige Erstaufführung
28.03.2003 Schaubühne am Lehniner Platz, Berlin (Regie: James McDonald)

Die Aufführungsrechte für Amateur- und Schultheater stehen leider nicht zur Verfügung.