Sonnenwende

Ein Fluss teilt die Stadt in zwei Hälften. Die Bewohner der beiden Ufer sind seit Jahrhunderten zerstritten. Ursprünglich ging es dabei um den Ablauf der alljährlichen Prozession um die Kirche, doch die Feindschaft und das gegenseitige Misstrauen haben sich längst verselbständigt. Schon immer gab es kleinere und größere Übergriffe von beiden Seiten. Seitdem aber kürzlich eine junge Braut am helllichten Tag brutal ermordet wurde, ist der alte Hass heftiger denn je aufgeflammt. Zugleich mischen sich handfeste politische und wirtschaftliche Interessen in den Konflikt: Die Sumpfgebiete der ärmeren Flussseite stecken voller Bodenschätze. Die Pläne der Regierung für ein groß angelegtes Umsiedlungsprojekt liegen bereit, und die wachsende Gewalt in der Region liefert einen willkommenen Vorwand, die Vertreibung der Menschen endlich mit aller Härte durchzuführen. Während die Älteren noch von Kompromissen reden, haben sich die Jüngeren radikalisiert. Als auf einem Marktplatz eine Autobombe in die Luft geht, ist auch dem Letzten klar, dass jede Möglichkeit zur Verständigung verloren ist. Was als nachbarschaftlicher Zwist begann, endet in einem Bürgerkrieg, der sich flächenbrandartig ausweitet.