Eriopis

Eriopis

Medeas überlebende Tochter erzählt alles

(Medeian selviytyjätytär kertoo kaiken)

Aus dem Finnischen von Stefan Moster

Besetzung

variabel

Im Nachtdunkel sieht Eriopis, wie Medea, ihre Mutter, mit ihren Lieblingshunden und Lieblingskindern verschwindet. In dieser Nacht geschieht das Unsagbare, und Eriopis bleibt allein zurück in der Einsamkeit des Nördlichen Nordens, das Restmädchen mit den Resthunden, die Verlassenen, die Nicht-Auserwählten. Ihr Vater Jason ist schon vor Jahren von hier fortgegangen und lebt in Helsinki als gefeierter Schauspieler im Fokus der Scheinwerfer. Zu ihm flüchtet sich Eriopis in ihrer Verzweiflung, doch sie steht ihm wie einem Fremden gegenüber, die Beziehung ist zerrissen, die Kommunikation erstarrt. In diesen intimsten Momenten voller Verlust, Orientierungslosigkeit und Gefühlsüberwältigung wird das Mädchen unerbittlich getrieben von den Stimmen der Boulevardpresse, die ihre Geschichte zu einem neuen Mythos machen wollen. Aber Eriopis, die nie Erwähnte, will nicht sprechen, will nicht in die Fußstapfen ihrer berühmten Eltern steigen – je greller das Blitzlichtgewitter, desto größer wird ihr Schweigen. Im Versuch, einen neuen Platz für sich in der Welt zu finden, pendelt sie zwischen schmerzerfüllten Erinnerungen, verstörenden Traumsequenzen und luziden Allmachtsfantasien – radikal, kämpferisch und unendlich verloren.

Mit erzählerischer Wucht und zerbrechlicher Zartheit taucht E. L. Karhu in die tiefe, dunkle Trauer ein, die der Mord an den Brüdern und der Verlust der Mutter hinterlässt, und schildert schonungslos die Verwirrungen des Erwachsenwerdens vor den Augen der Öffentlichkeit.

«Es geht E.L. Karhu um die Produktion von Weiblichkeit, Mitleiden mit sowie das Weiden an einem Opfer, um Kritik an öffentlich produzierter Oberflächlichkeit und spätkapitalistischem Erfolgsmantra.» (Die deutsche Bühne)
«Ja, man kann Euripides verändern, allerdings nur wenn man ihm auf Augenhöhe beikommen kann. Und genau das gelingt E.L. Karhu in dieser singulären Medea-Version … Eine schmerzhafte Psychoanalyse, in der all das Unfassbare, Unerträgliche für ein Kind noch einmal durchlebt werden muss.» (Nachtkritik) 

Uraufführung
06.03.2020 Schauspiel Leipzig (Regie: Anna-Sophie Mahler)

Auftragswerk für das Schauspiel Leipzig

Die Aufführungsrechte für Amateur- und Schultheater stehen leider nicht zur Verfügung.