«Eine Fernsehserie an einem Abend auf die Bühne zu bringen ist noch schräger als einen Roman dorthin zu hieven – im Grazer Schauspielhaus ist das Projekt, Lars von Triers Hospital der Geister zu zeigen, mit viel Freude am Grusel, düsterer Ästhetik und einer ordentlichen Portion schwarzem Humor umgesetzt worden … Ein Abend, der aus dem (Bühnen-)Rahmen fällt und für hervorragende Serienunterhaltung der anderen Art sorgt.» (APA)
«Langsam wird der emotionale Kern der Dramatisierung freigelegt: Das Mischwesen aus Mensch und Monster, das im Hospital geboren und als überlebensgroße Puppe (Michael Pietsch) schon bald die Bühne dominieren wird, wirft große Fragen auf: Wie sieht ein lebenswertes Leben aus? Wer darf über ein solches bestimmen? Und welche Rolle spielt dabei das marode Gesundheitssystem?» (Kronenzeitung)
«So rätselhaft die Verschränkung von Krankenhaus-Soap-Opera und Gruselgeschichte im ‹Hospital der Geister› daherkommt: Die Geister, die da umgehen, sind ja unzweifelhaft auch die Selbstzweifel der Ärzte am eigenen Handlungsvermögen. Gesundheitswissenschaft, medizinischer High-Tech und Empathie gehen bekanntermaßen nicht immer gut zusammen, und an den Reibungs- und Wundstellen finden unwillkommene Geister offene Türen. Nach drei Jahren Pandemie-Bekämpfung bei zunehmender Antiwissenschafts-Schwurblerei darf Lars von Trier sich ja fein bestätigt fühlen mit seinem Hospital der Geister- Oldie. In diese Richtung schärft Jan-Christoph Gockel in Graz im Detail immer wieder nach.» (Nachtkritik)
«Gockel verlässt sich erst im zweiten Teil auf die Kraft des Theaters und gießt die Geschehnisse in eindrucksvolle theatralische Szenen und Bilder. Von Triers unausgesprochenes Motto ‹Nur keine Sentimentalitäten› wird zum Glück fast nie infrage gestellt. Der Kampf zwischen Wissenschaft und Geisterglaube, der wahnwitzige Verwaltungsapparat, die Animositäten zwischen Kollegen, die Verdrängung des Bösen – all das ist nicht Material für säuerlichen Moralismus, sondern die stinknormale Realität, auf dem der bizarre Witz aufsetzt. … Dass die unglücklichen Geister und traurigen Monster des Kopenhagener Spitals als Puppen auf die Bühne kommen, bringt dem Abend weitere starke Momente ein. Die Outsider und alle, die nicht der Normentsprechen, sind die Helden dieses Reichs.» (Kleine Zeitung)
«Es ist ein fulminantes, sinnliches und für jene, die nicht serienaffin sind, forderndes Bildertheater, das auf das Publikum einströmt. Das tolldreiste, slapstickhafte Treiben im surrealverqueren Hospital lässt im Geiste auch die Ästhetik der Theaterpranken Wolfgang Bauer und Christoph Schlingensief auferstehen.» (Salzburger Nachrichten)
«Eine Produktion, die man auf keinen Fall versäumen darf und die sich wunderbar als Einstiegsdroge für jene eignet, die sonst nicht so gerne ins Theater gehen.» (Kuma.at)
«Hospital der Geister» nach der Fernsehserie von Lars von Trier und Niels Vørsel erstaufgeführt
Am Schauspielhaus Graz wurde am 20. Januar 2023 «Hospital der Geister» nach der Fernsehserie von Lars von Trier und Niels Vørsel erstaufgeführt (Regie: Jan-Christoph Gockel).
Hospital der Geister
Im königlichen Reichskrankenhaus von Kopenhagen passieren seltsame Dinge. Die Patientin Sigrid Drusse hat Kontakt mit dem Geist eines kleinen Mädchens aufgenommen, das hier einst behandelt wurde, und enthüllt ein Verbrechen aus dem Jahr 1919. Der verhasste neue Chefarzt Dr. Helmer setzt alles daran, die Folgen einer misslungenen Operation zu vertuschen, während der Oberarzt Jørgen Krogshøj zum Ziehvater eines monströsen Babys wird. Der Pathologe Bondo lässt sich die krebsbefallene Leber eines Sterbenden implantieren, um so ein seltenes Karzinom zu züchten, und im Keller der Klinik, die auf einer Sumpflandschaft und einem alten Friedhof erbaut wurde, feiert sich eine Freimaurerloge aus Politikern und Medizinern munter ins Alkoholdelirium.
Lars von Triers und Niels Vørsels Kultserie, deren erste zwei Staffeln 1994 bzw. 1997 entstanden, vermischt anarchisch die unterschiedlichsten Genres. Krankenhaus-Soap geht nahtlos über in Slapstick-Komödie, Melodram in Horrorfilm, und mit skurrilem Humor werden grundlegende Fragen verhandelt: Wie durchlässig ist die Grenze zwischen Leben und Tod? Wie weit ragt die Vergangenheit in die Gegenwart? Und genauso: Wie definiert sich ethisch-moralisches Handeln und wie ist es um die «Systemrelevanz» unseres Gesundheitswesens bestellt, das zunehmend auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist?