Am 19.10.2021 war in der Regie der Autorin an den Münchner Kammerspielen die Uraufführung von Anne Habermehls Stück Frau Schmidt fährt über die Oder – der Auftakt einer geplanten Trilogie.
«Die Wende mit ihrer Aufbruchsstimmung, der Zusammenbruch des Ostblocks mit all seinen Verheißungen, der Umbruch in vielen Lebenswegen stehen im Zentrum dieser faszinierenden Uraufführung … Anne Habermehl erzählt nicht linear und chronologisch, sondern in kleinen Mosaiksteinen. Die Vita der Einen zerbrach durch die politischen Veränderungen, während ein Anderer in der alten Bundesrepublik davon kaum etwas mitbekam. Diesen damals entstandenen, schiefen Blick will Habermehl geraderücken, auf eine emotional berührende Weise, wie es TV-Dokumentationen nicht schaffen.» (Münchner Merkur)
«Die Oder markiert nicht nur die Grenze zwischen zwei Ländern, sondern auch die zwischen Zeiten, Völkern, Menschen … Es ist ein Text der Spurensuche und der Mutmaßungen. Anne Habermehl (deren eigene Inszenierung kühl, sezierend, klinisch bleibt) legt den Figuren stammelnde Unsicherheit in den Mund, erfindet Monologe, die teils eigentlich Dialoge sind oder umgekehrt … Es entsteht immer wieder eine eigentümliche, menschliche Wahrheit, der man sich nicht entziehen kann.» (Süddeutsche Zeitung)
«Das Verhältnis zwischen Polen und Deutschland ist wieder abgekühlt … konfliktreich ist die gemeinsame Geschichte … Was dieses kollektive Narrativ für Familien und Individuen bedeuten kann, das verdichtet Habermehl zu einer packenden, berührenden Reflexion. Da reiben sich Erinnerungen mit Lebensläufen. Was bleibt, ist eine ungestillte Sehnsucht – ohne zu wissen wonach … Es sind beklemmend dichte Momente, die dieser Theaterabend generiert.» (Bayerische Staatszeitung)
«In einer alltäglichen und doch poetischen Sprache verknüpft Habermehl Eckpunkte der Geschichte zwischen den Nationalsozialisten und ihren gegenwärtigen Epigonen beidseits der Oder. Das Timing für diesen Text könnte kaum besser sein … Ein möglicher ‚Polexit‘ der von der PiS angeführten polnischen Regierung wird Europa noch lange beschäftigen. Es dürfte spannend sein zu verfolgen, wie Anne Habermehl ihre mitteleuropäische Geschichte weitererzählen wird.» (Abendzeitung)
«Anne Habermehl (zeigt) vier Menschen, die Nebenfiguren der großen Geschichte, der großen Politik sind, über die das Weltenrad hinübergerollt ist und die man vergessen hat aufzusammeln. Sie gibt ihnen eine Sprache, eine einfache wie schöne, sich immer wieder zeitlich überlappende, springende, aber sich niemals verlierende Sprache. Es ist ein spannendes Glück, dass die Autorin Habermehl auch selbst inszeniert und aus ihrem poetisch-dokumentarischen Text einen klugen, einen aufmerksamkeitsfordernden, aber auch bedrückenden Theaterabend webt.» (Nachtkritik)