Auf einmal ist da ein Kind. Sitzt im Nebenzimmer, während Ella ihren Termin bei der UNO vorbereitet und auf Kai wartet, der am nächsten Tag zu einer wichtigen Konferenz nach Zürich muss. Die beiden haben das, was man ein erfolgreiches Berufs- und Privatleben nennt. Sie sind glücklich miteinander und investieren ihre Energie in Projekte, die die Welt ein bisschen besser machen sollen. Ein Kind gehört für sie eigentlich nicht dazu, aber nun ist es da. Immer häufiger war es zuletzt zu Besuch bei Ella und Kai, doch heute ist es anders. Heute ist der Tag, an dem es nicht mehr nach Hause, zu seiner Mutter, zurückkehren kann, die eben gerade an ihrer schweren Krankheit gestorben ist. Aber noch weiß es nichts davon, weiß nicht, dass es von nun an allein ist in der Welt. Noch sitzt es einfach nur da, hinter der Tür, im Nebenzimmer und malt… Doch jeden Moment könnte es rauskommen und ahnungslos vor ihnen stehen. Was dann?
Mit der Situation vollkommen überfordert, geraten Ella und Kai in unvorhergesehene moralische Zwickmühlen: Wie ein Schwelbrand breitet sich die Anwesenheit des Kindes in ihrer Wohnung aus und mit ihm die Fragen nach Fürsorge, sozialer Verantwortung und den Prioritäten im eigenen Leben.
Die Uraufführung von Das Kind malt war am 30.03.2023 am Saarländischen Staatstheater Saarbrücken (Regie: Thorsten Köhler).
«Dorian Brunz hat mit Das Kind malt ein kluges Stück über ein moralisches Dilemma geschrieben, das uns alle umtreibt … Womöglich ist es leichter, die Welt zu retten als ein Kind, womöglich braucht es für ein bisschen Menschlichkeit mehr Charakter als für viel Idealismus. Das ist eine eher schlichte Erkenntnis von der moralischen Reste-Rampe, und wenn man denn wollte, könnte man das Stück darauf reduzieren. Doch dann hätte man all die Finessen überhört und Widerhaken übersehen, die Autor Dorian Brunz in sein Dreipersonen-Stück eingepflegt hat, um den Innen-Blick des Zuschauers zu schärfen. Für das eigene Versagen. Man kann dies als das größte Verdienst dieses überzeugenden Theaterabends in der Sparte 4 sehen: Er regt zur Feinjustierung der inneren Optik an – ein selten gewordenes Erlebnis … Am Ende stand deshalb ein Abend, der Herz und Kopf in Schwingung brachte ob der Einsicht, wie hoch der persönliche Preis für das ‹richtige› Tun werden kann … Eine Tragödie hat Brunz geschrieben, keine flotte Ehe-Desaster-Story. Hier ist ein riesiger Resonanzraum für eine bittere Gesellschaftsdiagnose.» (Saarbrücker Zeitung)
«Wie bei einem Tennisspiel schaut man von links nach rechts, von Kai zu Ella. Es sind kluge, schnelle Schlagabtausche die von einer dramatischen Dynamik leben … Das Kind malt ist ein klassisches Beziehungsdrama, welches mit einfachen Mitteln sehr berührend auf die Bühne gebracht wird.» (Saarländischer Rundfunk)
Dramaturgin Simone Kranz hat sich im Vorfeld der Premiere mit Dorian Brunz über sein Schreiben unterhalten – zum Gespräch geht es hier.