Elfriede Jelineks jüngstes Werk Asche – eine Fortschreibung bzw. Teil 3 ihres Stücks Sonne / Luft – ist ein zutiefst persönlicher Text über den Verlust des geliebten Wegbegleiters, die Angst vor der Einsamkeit, den Zerfall des eigenen Körpers und zugleich auch die Angst vor dem drohenden Ende der menschlichen Zivilisation. Jelinek setzt sich mit den großen Schöpfungsmythen auseinander: Was ist die Welt, wie ist sie entstanden, warum ist der menschliche Körper so störanfällig, und warum waren wir Menschen auf diesem Planeten nur so unerträgliche «böse Gäste», die nun bald – wenn der Mensch weiter alle Lebensgrundlagen verwüstet – abtreten müssen? Bloß: wohin? Weil die Götter uns nicht mehr wollen und «die Menschen der Erde nicht gehorsam waren, sondern nur ihren Führern», erlaubt sich Elfriede Jelinek ein tragikomisches Gedankenspiel: Wieso nicht gleich eine unverbrauchbare Parallelerde schaffen? Ein nie alterndes, nie erkrankendes Ganzes mit einem vollkommenen Körper? Wäre doch praktisch. Man hätte auch das Meer besser von vornherein aus Plastik hergestellt, so hätte man sich viel erspart …
Falk Richter, der zuletzt am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg mit großem Erfolg Am Königsweg (Inszenierung des Jahres 2018) inszeniert hatte, führt Regie bei der Uraufführung von Jelineks Text, der zwischen sarkastischen Gedankenloopings, bitterer Erkenntnis und tiefer Trauer nahtlos wechselt, stets begleitet von Gustav Mahlers Liedzyklus «Lieder eines fahrenden Gesellen».
Uraufführung von Elfriede Jelineks neuem Stück «Asche» an den Münchner Kammerspielen
Elfriede Jelineks Stück «Asche» wird am 26.04.2024 in der Regie von Falk Richter an den Münchner Kammerspielen uraufgeführt.
Da die Menschen sich nicht ändern, muß sich also die Natur ändern, schleunigst, wir müssen das nicht, weil wir es nicht können. Das unterscheidet uns voneinander. Das ist unsre Natur. Keiner will sich ändern, der andre dort drüben soll es tun.
Elfriede Jelinek: «Asche»