Elfriede Jelinek erhält NESTROY-Preis für ihr Lebenswerk

Elfriede Jelinek wird mit dem NESTROY-Preis 2021 für ihr Lebenswerk ausgezeichnet, wie die Jury am 11.10.2021 bekannt gab. Die Preisverleihung ist am 21.11.2021 im Theater an der Wien.

Foto Elfriede Jelinek
© Karin Rocholl

«Muss man es begründen, wenn man eine Nobelpreisträgerin mit dem NESTROY für das Lebenswerk auszeichnet? Nein, man muss nicht, aber man kann. Und man kann versuchen, das zu beleuchten, was nicht schon zum x-ten Mal gesagt wurde. Oder man kann sich auch entschuldigen, dass man den NESTROY nicht schon viel früher überreicht hat. Elfriede Jelinek hat den NESTROY-Autor*innenpreis im Jahr 2013 für Schatten (Eurydike sagt) und im Jahr 2020 für Schwarzwasser bekommen. Und Elfriede Jelinek ist aus der internationalen Theaterlandschaft nicht wegzudenken. Was wäre es für eine Landschaft ohne sie. Ohne Spitzen, ohne Gipfel, ohne Kanten, ohne Höhepunkte, ohne Abgründe, eine Ödnis, ein flaches Land. Wer, wenn nicht sie, greift jeden - oder sagen wir fast jeden, weil jeden könnte auch die viel und schnell-schreibende Elfriede Jelinek nicht bewältigen - zum Himmel schreienden Politskandal auf und bringt ihn in Windeseile genial zu Papier. Sie ist großzügig mit ihren Textvorlagen, sie schenkt sie förmlich ihren Regisseurinnen und Regisseuren, sozusagen als Bausteine für die wundersamsten Inszenierungen. Und wenn wir, das Publikum, Glück haben, dann wird in diesen Aufführungen auch ein Aspekt herausgearbeitet, der manchmal zu wenig beachtet wird, nämlich ihr Humor. Elfriede Jelinek ist sprachgewaltig, ja, sie ist politisch, ja, sie ist brandaktuell, ja, aber sie ist auch aberwitzig, irrwitzig und kann auch sehr, sehr komisch sein. Unser Namensgeber würde sich freuen.» (Ulli Stepan in der Jury-Begründung)

Wir freuen uns mit der Autorin und gratulieren von Herzen!

Elfriede Jelinek

Elfriede Jelinek

Elfriede Jelinek, geboren 1946 und aufgewachsen in Wien, erhielt bereits früh eine umfassende musikalische Ausbildung. 1960 begann sie am Wiener Konservatorium Klavier und Komposition zu studieren, anschließend, nach dem Abitur 1964, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte an der Universität Wien. Nach Abbruch des Studiums 1967 begann sie zu schreiben und zählt mittlerweile zu den bedeutendsten deutschsprachigen Gegenwartsautor:innen.
Neben ihren Theaterstücken, Lyrik, Essays, Übersetzungen, Hörspielen, Drehbüchern und Libretti umfasst ihr Werk die Romane wir sind lockvögel baby (1970), Michael. Ein Jugendbuch für die Infantilgesellschaft (1972), Die Liebhaberinnen (1975), Die Ausgesperrten (1980), Die Klavierspielerin (1983), Lust (1989), Die Kinder der Toten (1995), Gier (2000) sowie den Prosaband Oh Wildnis, oh Schutz vor ihr (1985) und den Privat- bzw. Internetroman Neid (2007-2008).
Im Herbst 2022 kam Claudia Müllers Film Elfriede Jelinek – Die Sprache von der Leine lassen in die Kinos und wurde 2023 in der Kategorie «Bester Dokumentarfilm» sowohl mit dem Deutschen Filmpreis (Lola) als auch mit dem Österreichischen Filmpreis ausgezeichnet.


Preise und Auszeichnungen (Auswahl):

  • 1972/1973: Österreichisches Staatsstipendium für Literatur
  • 1978 Roswitha-Gedenkmedaille der Stadt Bad Gandersheim
  • 1978 Drehbuchförderung des Bundesministers des Innern für das Exposé zum Drehbuch Die Ausgesperrten
  • 1983 Österreichischer Würdigungspreis für Literatur
  • 1986 Heinrich-Böll-Preis der Stadt Köln
  • 1994 Peter-Weiss-Preis der Stadt Bochum
  • 1994 Walter-Hasenclever-Literaturpreis der Stadt Aachen
  • 1996 Bremer Literaturpreis
  • 1998 Georg-Büchner-Preis
  • 2002 Theaterpreis Berlin
  • 2002 Heinrich-Heine-Preis der Landeshauptstadt Düsseldorf
  • 2003 Else-Lasker-Schüler-Preis für das dramatische Gesamtwerk
  • 2003 Lessing-Preis für Kritik
  • 2004 Stig-Dagermann-Preis (Schweden)
  • 2004 Hörspielpreis der Kriegsblinden für die Hörspielfassung von Jackie (Teil 4 der Prinzessinnendramen)
  • 2004 Franz-Kafka-Literaturpreis (Tschechien)
  • 2004 Nobelpreis für Literatur
  • 2011 Ehrenmitglied der American Academy of Arts and Letters
  • 2017 Theaterpreis »Der Faust« für das Lebenswerk
  • 2021 Ernennung zur Ehrenbürgerin der Stadt Wien
  • 2021 Nestroy für das Lebenswerk
  • 2024 Commandeur de L'Ordre des Arts et des Lettres, Frankreich
  • In der jährlichen Kritikerumfrage der Zeitschrift Theater heute wurde Elfriede Jelinek mehrmals zur Dramatikerin des Jahres gewählt, für Totenauberg (1993), Stecken, Stab und Stangl (1996), Ein Sportstück (1998), Ulrike Maria Stuart) (2007), Rechnitz (Der Würgeengel) (2009), Winterreise (2011), Am Königsweg (2018) und Schnee Weiß (2019).
  • Viermal wurde sie mit dem Mülheimer Dramatikerpreis ausgezeichnet, für Macht nichts – Eine kleine Trilogie des Todes (2002), Das Werk (2004), Rechnitz (Der Würgeengel) (2009) und Winterreise (2011). 2018 erhielt sie außerdem für Am Königsweg den Publikumspreis.
  • Zweimal erhielt sie den Nestroy-Autorenpreis, für Schatten (Eurydike sagt) (2013) und für Schwarzwasser (2020).

Stücke von Elfriede Jelinek

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