© Karin Rocholl
Das schweigende Mädchen
variabel
Wir alle waren dabei, wir alle haben nichts gesehen – wie jener V-Mann der rechten Szene, der in Kassel ein Internetcafé verlässt, kurz nachdem dessen türkischstämmiger Besitzer kaltblütig erschossen wurde. Mit diesem besonders blinden Zeugen beginnt Elfriede Jelinek ihr Stück über den NSU-Prozess, der sich rasch zu einem Tribunal biblischen Ausmaßes weitet. In seinem Zentrum: eine Leerstelle, die Hauptangeklagte, die als letzte Überlebende eines Trio infernal zu den Geschehnissen beharrlich schweigt. Von den anderen wird die junge Frau schon bald als Jungfrau wahrgenommen, die gleich zwei «Erlöser» in die Welt setzte, um ihre Heimat vom Fremden zu befreien. Wütend, rat- und fassungslos treten Engel und Propheten, Richter und sogar Gott persönlich auf, um eine Geschichte zu befragen, die nicht erst begann, als drei Neonazis in den Untergrund abtauchten und danach zehn Menschen töteten. Ihre Wurzeln reichen weit in die Vergangenheit zurück und werden wohl auch in Zukunft weiter wuchern.
27.09.2014 Münchner Kammerspiele (Regie: Johan Simons)
Die Aufführungsrechte für Amateur- und Schultheater stehen leider nicht zur Verfügung.
Elfriede Jelinek
Das schweigende Mädchen