«Wessen Leben zählt mehr?»: Maya Arad Yasurs «Triage» erstaufgeführt

Am 04.10.2024 war die deutschsprachige Erstaufführung von Maya Arad Yasurs neuem Stück «Triage» am Staatstheater Kassel (Regie: Josua Rösing).

Szenenfoto TRIAGE (c) Sylwester Pawliczek
© Sylwester Pawliczek

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Ist das hier ein Krankenhaus oder ein Casino?

«Triage»

«Im langen Schatten der Corona-Pandemie blickt Maya Arad Yasur mit Triage auf die ethischen Dilemmata der Medizin. Alles wunderbar herb, überraschend, so gar nicht vorhersehbar … Arad Yasur bedient nicht das Offensichtliche des Gegenstandes. Spannend ist, was wir nicht sehen. Eben keine Kranken in ihren Betten, kein Blut, kein Stöhnen, kein offensichtliches Leid … Man dachte bei dem Titel, dass das Stück entweder zum blutigen Existenzdrama ausarten könnte oder zur philosophischen Vorlesung. Maya Arad Yasur biegt schon vorher von dieser Gedankenautobahn ab. Sie wirft Facetten ein, die einen emotional wie intellektuell konfrontieren … Die Figuren sind stark gezeichnet, sie sind vielschichtig, mit Marotten und regelrechten Trieben … Der Abend ist überreich, der perfekte Mix von Ausgesprochenem, Unterschwelligem und reinstem Theater-Purismus.» (Nachtkritik)

«Ein Gedankenspiel, das beklemmend realistisch erscheint … Und doch will es nicht mit erhobenem Zeigefinger belehrend daher kommen, sondern lädt dazu ein, sich selbst diese ethisch-moralische Frage zu stellen: Was wäre, wenn? … Wessen Leben zählt mehr? … Niemand kann diese Entscheidungen treffen. Ein Mensch ist weit mehr als die Summe seiner gelebten Jahre oder die, die ihm rein statistisch noch bevorstehen.» (HNA)

«Triage stellt sein Publikum vor ein Dilemma um Leben und Tod – mit großem Erfolg. Wen rettet der Arzt, wen lässt er sterben? … Maya Arad Yasur hat es sich noch nie leicht gemacht, schrieb über den Holocaust, Terrorismus, Krieg, Gefangensein und Flucht. Meist findet sie einen kunstvoll leichten, verblüffend humorvollen Umgang mit ihren Themen – in doppelbödigen, dramatischen Konstruktionen. So auch in Triage … Der Kasseler Abend betont nicht den Realismus der Vorlage, sondern die Künstlichkeit des Theaterspiels und damit auch die eingebaute Möglichkeitsebene, das Stückpersonal befinde sich in einem ‹Realitätsmodell zur Simulation von Entscheidungsprozessen› … Am Ende stehen alle im Nebel der Ratlosigkeit … Das finale Fragezeichen ist das Aufforderungszeichen, selbst eine Position zu entwickeln.» (Die deutsche Bühne)

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