© Fabian Spuck
Man braucht keinen Reiseführer für ein Dorf, das man sieht
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Berlin-Kreuzberg, Wrangelstraße. Als in den 1960ern hier, im abrissreifen Viertel direkt an der Mauer, die ersten Einwanderer in die maroden Altbauten zogen, erwartete man vor allem eins: dass sie bald wieder zurück in die Heimat gehen. Doch mittlerweile leben Mahmut Sahin, 60, und seine Frau Günay wie viele andere seit Jahrzehnten im „Provisorium auf Dauer“. Mahmut betreibt ein kleines Café, sein ältester Sohn Mesut eine Eisdiele und gegenüber eine Pizzeria. Feride, seine Schwester, möchte studieren und jobbt bis dahin, unter anderem in einem Fitnessstudio, wo türkische Kunden nicht mehr allzu gern gesehen sind. Nur Hakan, beider Bruder, 28, findet trotz abgeschlossener Lehre keine Arbeit und muss sein Geld auf unkonventionellere Art verdienen. Insgesamt hat sich die Atmosphäre in der Gemeinschaft stark verändert. Mit dem Fall der Mauer ist der Bezirk vom Rand nach Berlin-Mitte gerutscht, und in der einstigen „No-go-Area“ hält die „Gentrification“ Einzug. Auch Mahmuts Wohnung und Café werden zu begehrten Maklerobjekten, und die Methoden, sie zu erwerben, sind nicht immer fein. Ein Riss geht quer durch die Familie, in der konträre Haltungen aufeinander treffen und nicht jeder mit den neuen Verhältnissen gleich gut umgehen kann.
07.11.2009 Hebbel am Ufer, Berlin (Regie: Nurkan Erpulat)
Die Aufführungsrechte für Amateur- und Schultheater stehen leider nicht zur Verfügung.